Warum heute noch einen separaten CQ-Papagei benützen, mag sich der eine oder andere fragen, wo es doch genügend Möglichkeiten gibt, diese Funktionen über den PC im Shack abzuwickeln, insbesondere im Contest, wo jede Software, die etwas auf sich hält, diese Funktionen bereits integriert hat. Nicht immer will man aber den PC hochfahren, nur um den Papagei benutzen zu können. Oder man will/kann den Computer gar nicht mit dem Funkgerät koppeln oder Contest-Software verwenden, z.B. an der Mikrowellenstation im UKW-Contest, wo eine Lösung mit PC-Anbindung z.B. auf 10 GHz völlig überdimensioniert wäre. Auch kann man auf das Mitnehmen eines Laptops für einen kleinen lokalen Contest, den man portabel ohne Endstufe bestreitet, durchaus verzichten und auf Papier loggen. Will man dann aber 2 oder 5 Stunden lang “manuell” CQ rufen? 😉
Für solche Situationen ist also ein “losgelöster” CQ-Papagei ideal, wenn er dann noch möglichst klein und einfach zu bedienen ist, um so besser. Und dann bleibt ja noch der “normale” Alltagsbetrieb, wo man auch auf 20 m schonmal etwas länger rufen muss, bevor ein QSO zustande kommt. Auch hierfür bietet sich ein “CQ-Knecht” als Unterstützung an. Genau das waren die Argumente für uns, neben unserer “großen” Lösung (inklusive Sequenzer und CW-Keyer) auch noch etwas kleines “Schnuckeliges” 😉 zu entwickeln. Die “Design-Goals” haben wir dafür wie folgt definiert:
- Platinenmaß maximal 75 x 49 mm analog unserer Sequenzer-Platinen.
- Die ganze Steuerung muss von einem kleinen PIC 12F629/675 erledigt werden, um Platz auf der Platine zu sparen (die 12F-Serie hat nur 8 Pins, damit aber auch nur 6 mögliche I/O-Ports für Ein- und Ausgaben).
- Ein Speicher reicht aus, die Sprachausgabe muss aber in einer Schleife schaltbar sein.
- Aufnahme und Abspielen der Nachricht sollen über eine LED signalisiert werden.
- Die NF-Ausgabe des Papageien muss separiert vom Mikrofon des Operators laufen (Habt Ihr schonmal die CQ-Rufe von Voice-Keyern gehört, wo man im Hintergrund die OPs noch “lästern” hört, weil das Mikrofon und der Voice-Keyer einfach parallel geschaltet wurden? 😉 Einfach nur grauselig …).
- Die Aufnahme soll für maximale Flexibilität sowohl über eine Elektret-Kapsel als auch das Transceiver-Mikrofon möglich sein.
- Der NF-Ausgangspegel muss regelbar sein (Anpassung an den TRX-Eingang!).
- Das NF-Signal soll galvanisch getrennt an den Transceiver gehen, um Brummerscheinungen zu verhindern (bei aktuellen Transceivern wie z.B. Yaesu FT-817, 857, 897 sonst ggf. ein Problem).
- Es sollen nur bedrahtete Bauelemente zum Einsatz kommen, sodaß der CQ-Papagei auch von weniger versierten Funkamateuren nachgebaut werden kann.
Wie man sieht, sind schon in das Anforderungsprofil eine Menge Erfahrungen aus einigen Jahren Betrieb und Nachbau verschiedenster Voice-Keyer-Lösungen eingeflossen. Es gibt eben nichts, was man nicht noch irgendwie verbessern könnte, gell? 😉
Jetzt muss ich gestehen, daß ich allein es nicht geschafft habe, alle Anforderungen auf den kleinen Platinenabmessungen umzusetzen, der NF-Trafo hat mir “das Genick gebrochen” – schaut Euch mal an, wie groß das Ding allein schon ist! 😉 Hier kam dann wieder Sandro, DD3SP, mit in’s Spiel, der solange Bauelemente und Leiterbahnen auf der Platine hin und her “geschubst” hat, bis alles passte – Respekt und herzlichen Dank! 🙂
Aber nun an’s Eingemachte … Herzstück der Lösung ist ein Sprachspeicher-Chip der Firma Winbond, ein ISD 1760. Aufmerksamen Lesern werden bei Winbond und ISD vielleicht auch die Typenbezeichnungen ISD 2560 und 2590 einfallen, die in vielen anderen Voice-Keyer-Schaltungen zum Einsatz kommen. Das sind quasi die Vorgänger der ISD 1700-Serie, die 2500-Serie ist jedoch seit nun schon knapp 4 Jahren abgekündigt und Restbestände werden von deutschen Elektronikversendern völlig überteuert zum dreifachen Preis des Nachfolgers abverkauft! Naja, will man bestehende Schaltungen nachbauen, ist man auf die alten Dinger wohl angewiesen, da bestimmt offensichtlich die Nachfrage die Angebotspreise. 😉 Von daher hoffen wir, mit unseren Lösungen auch diesbezüglich eine Alternative zu bieten.
Zurück zum ISD 1760: Er gestattet eine Aufnahme-Dauer von 60 Sekunden. Die Aufnahmedauer ist vom internen Oszillator abhängig, dessen Takt- und damit Sampling-Frequenz wiederum über einen externen Widerstand (Rosc) gesteuert wird. Standard-Samplingrate ist 8 kHz, mittels hoch- und runtersampeln sind auch andere Aufnahmedauern möglich. Die Werte für Rosc ergeben sich wie folgt: 40 Sek. = 12 kHz = 53 kOhm, 60 Sek. = 8 kHz = 80 kOhm, 75 Sek. = 6.4 kHz = 100 kOhm, 90 Sek. = 5.3 kHz = 120 kOhm, 120 Sek. = 4 kHz = 160 kOhm. D.h., man kann sich “seinen” Chip im Prinzip relativ variabel einstellen. Bis runter auf 5.3 kHz Samplingrate haben wir getestet und die Qualität für Amateurfunkbetrieb als ausreichend empfunden, das ist aber natürlich nur ein subjektiver Eindruck. 😉 In unserer Schaltung arbeiten wir mit den 8 kHz als Standardrate, da 60 Sekunden Aufnahmedauer eigentlich mehr als genug sind.
Die ISD 1700-Serie bietet ein sogenanntes “Push Button-Interface”, d.h. man kann direkt Taster anschließen, um Aufnahme, Abspielen, u.s.w. zu steuern. Problematisch ist jedoch für die Anwendung im Amateurfunk, daß es keinen Pin gibt, der nur beim Abspielen von Nachrichten ein für die PTT-Generierung verwertbares Signal liefert. Am INT/RDY-Pin liegt zwar Low-Pegel während des Abspielens an, tut es aber auch bei diversen anderen Funktionen, ist also nicht direkt nutzbar. Um das zu lösen, haben wir einen kleinen Mikrocontroller eingesetzt. Der “Play-Button” wird quasi über ihn geschleust, sodaß der PIC weiss, wann eine Nachricht abgespielt wird und das INT/RDY-Signal vom ISD entsprechend auswerten kann. Der Einfachheit halber bedient der PIC im Moment auch nur das Push Button-Interface, die Steuerung über das SPI (Serial Peripherals Interface) ist für eine künftige Version angedacht.
Da wir den PIC sowieso benötigen, um die PTT-Generierung zu erledigen, warum ihm dann nicht noch andere sinnvolle Aufgaben übertragen? Gesagt, getan, er übernimmt auch die Steuerung des Wiederholungsmodus als auch die Aufnahme. Warum letzteres, wo man doch direkt am ISD einen Taster für die Aufnahme anschliessen kann? Nun, aus Versehen an den Taster gekommen, ist der aufgenommene Spruch weg – sehr ärgerlich. Mit dem PIC kann man die Aufnahme-Funktion also etwas sicherer gestalten.
Zählen wir mal zusammen: Für die Bedienung des ISDs benötigen wir 3 Anschlüsse (Play, Record, Erase), für die Auswertung des INT/RDY vom ISD einen weiteren. Der Mikrocontroller soll auch ein PTT-Signal erzeugen – wieder ein Anschluß “weg”. Macht in Summe also 5, während die 12F-PICs 6 I/O-Pins haben. D.h. also, wir haben nur noch einen Anschluß übrig, um alle gewünschten Funktionen zu steuern. Jetzt dürfte auch klar sein, warum wir das gute Stück Single Button Voice-Keyer genannt haben, gell? 😉
Damit sind wir auch schon bei der Bedienung, die sich wie folgt gestaltet:
- Ein kurzer Druck auf den Taster startet die Wiedergabe des aufgenommenen CQ-Rufs. Während der Wiedergabe blinkt die direkt am ISD angeschlossene LED in schneller Abfolge. Wird während des Abspielens der Taster erneut kurz gedrückt, wird die Wiedergabe abgebrochen.
- Drückt man den Taster etwa 1 Sekunde lang, wird der Wiederholmodus gestartet. Die Nachricht wird abgespielt, anschließend etwa 3 Sekunden pausiert, wieder abgespielt, u.s.w. Durch kurzen Druck auf den Taster (egal ob in der Pause oder während der Wiedergabe) wird der Wiederholmodus beendet.
- Der Druck von etwa 2 Sekunden auf den Taster startet den Aufnahme-Modus. Vorher wird der gesamte Speicher gelöscht, was durch langsames Blinken der LED signalisiert wird. Am Besten hält man den Taster solange gedrückt, bis die LED zweimal blinkt, dann loslassen, anschließend folgen weitere 7 “Blinker”. Hört die LED auf, zu blinken, kann die Aufnahme erfolgen. Dazu wird der Taster wieder gedrückt und gehalten, die Nachricht aufgesprochen und der Taster wieder losgelassen. Während der Aufnahme (also solange der Taster gedrückt bleibt), leuchtet die LED dauerhaft.
Ist die Aufnahme beendet, kann das Abspielen oder der Wiederholmodus so wie oben beschrieben wieder gestartet werden.
Die Bedienungsanleitung mag sich im ersten Moment vielleicht etwas “komisch” lesen, das Konzept ist aber ganz simpel und geht sofort “in Fleisch und Blut” über, wenn man’s einmal gemacht hat. Als kleine Demo der Funktionsweise steht das folgende Video zur Verfügung, zwar noch nicht perfekt arrangiert, auch nicht immer im besten Deutsch und noch mit einer Prototyp-Platine, aber zur Vorführung der Funktionsweise sollte es für den Moment wohl genügen. 😉
Ein Blick in den Schaltplan offenbart, dass das ganze natürlich kein “Hexenwerk” ist. 😉 Farblich gekennzeichnet sind die verschiedenen notwendigen Komponenten in Abhängigkeit des Aufnahmemediums – entweder das Transceiver-Mikrofon oder eine Elektret-Kapsel.
Auf der Platine haben wir es sogar geschafft, beide Varianten zu integrieren, sodaß dort über das simple Stecken oder Ziehen eines Jumpers zwischen Mic und Electret gewechselt werden kann, natürlich ist das auch mittels Schalter möglich. 😉
Wird der Papagei über ein dynamisches Stationsmikrofon besprochen, kann es ggf. nötig sein, C9 und C10 zu brücken. Bei einem Yaesu MD-100 war es z.B. nötig, die beiden C’s zu entfernen und Drahtbrücken einzusetzen, um genügend Pegel am Eingang zu erzeugen, bei einem Kenwood MC-43 war es wiederum nicht nötig. ACHTUNG: Das geht nur mit dynamischen Mikrofonen! Wird ein Elektret-Mikrofon angeschlossen, müssen C9 und C10 bestückt werden, um die Elektret-Versorgungsspannung zu entkoppeln, sonst lebt der ISD nicht mehr lange!
C6 und C8, die beiden Kondensatoren vor und nach dem NF-Trafo, sind die Frequenzgang-bestimmenden Elemente. Bei 220n werden die Tiefen schon enorm abgeschnitten, d.h. wenn Deine Stimme von Haus aus schon etwas höher ist, hört sich das unter Umständen nicht mehr gut an. Alternativ-Werte für C6 und C8, um auch den Bass-Anteil der eigenen Stimme laut(er) zu übertragen (Studio-Audio?), sind 4µ7, 10µ oder 22µ. Hier darf/kann/muss man also ggf. etwas experimentieren.
Bei einem Kenwood TR-751E hatte ich mit einem 1:1 NF-Trafo das Problem, daß die NF bei Einstellung über das Poti bereits in die Sättigung ging (also an der Grenze zur Übersteuerung), während der Transceiver aber nur etwa zur Hälfte ggü. dem Standard-Handmikrofon ausgesteuert war, d.h. mit dem Papagei weniger Leistung brachte. Das ist irgendwie blöd, gell? 😉 Abhilfe hat die Nutzung eines 1:3 NF-Trafos geschaffen (1er Seite zum ISD, 3er Seite zum TRX), die Ausgangsimpedanz liegt damit näher an der Mikro-Eingangsimpedanz des Transceivers, der wird nun voll ausgesteuert und bzgl. Pegeleinstellung ist noch etwas “Luft”. Das gleiche Resultat sollte auch erreichbar sein, wenn man beim 1:1 Übertrager bleibt und statt 680 Ohm für R6 z.B. 2,2 kOhm verwendet (habe ich selbst aber noch nicht ausprobiert). Das Schaltbild ist jetzt auf einen 1:3 Übertrager hin angepasst, damit ist man in jedem Fall auf der sicheren Seite, das sollte für alle möglichen Transceiver ausreichend sein.
Wenn jemand die Schaltung nachbauen möchte, steht das Platinenlayout zum Download zur Verfügung. Beim Ausdruck des PDFs auf entsprechende Folie zum Belichten der Platinen mit dem Adobe Acrobat Reader muss die Druckoption “Page scaling” auf “None” gestellt werden, sodaß die Abmessungen (75 x 49 mm) stimmen – bitte nach dem Ausdruck und vor dem Ätzen kontrollieren. 😉
Auch die Firmware steht für ausschließlich private Nutzung kostenfrei als Download zur Verfügung. Getestet haben wir die Software auf den PICs 12F629, 12F675 und 12F683. Funktionieren sollte es auch auf einem 12F635 (kleiner Bruder des 683). Da die letzten beiden Typen aber in DL eher ziemlich teuer sind (mehr als das Doppelte vom 629/675), wird das in der Praxis wohl kaum eine Rolle spielen – sollte aber hier nicht unerwähnt bleiben, falls noch irgendwo einer ohne Verwendungszweck “rumoxidiert”. 😉
Abschließend noch zwei Videos von DL8YF mit seiner Realisierung des SBVK …
Disclaimer: Die Nutzung der Lösung erfolgt auf eigene Gefahr! Wir haben die Lösung einem ausführlichen Testbetrieb unterzogen und keine Probleme festgestellt. Allerdings können wir nicht sicherstellen, daß ein potentieller Nachbauer alles richtig macht. Die Nutzung aller Projektbestandteile (Platinenlayouts, Schaltpläne, Software) zu rein privaten Zwecken ist ausdrücklich gestattet, die kommerzielle Verwendung jedoch ausdrücklich verboten. Alle Projektlösungen sind mein geistiges Eigentum und unterliegen dem Copyright-Schutz. Bei Interesse an einer kommerziellen Lösung bitte ich um Kontaktaufnahme über die o.g. E-Mail-Adresse, vielen Dank.